Fokus Technik
Längs- und Querdynamik digital im Griff
5. März 2020 autoberufe.ch - Fahrzeuge werden immer schwerer und leistungsfähiger. Die Verkehrsdichte nimmt zu und die Unterstützung durch elektronische Helferlein an Bord ebenfalls. Die Unfallzahlen sinken trotz mehr Verkehr kontinuierlich. Was können modernste Fahrdynamik- und Assistenzsysteme, welche physikalischen Limiten werden gesetzt und wo geht die Reise hin?
Fahrwerksregelsysteme erfordern viel Entwicklungs- und Feinarbeit. Im Bild der Prototyp des Pagani Huayra BC bei µ-Split-Bedingungen (unterschiedliche Reibwerte links und rechts), die höchste Ansprüche an die Fahrwerksregelsysteme beim Bremsen und Beschleunigen stellen. (Bild: Bosch)
se. «Die guten Fahrer haben Fliegenreste auf den Seitenscheiben», witzelte einst Walter Röhrl, Rallyelegende und passionierter Sportwagenfahrer. Kurz: Wer sich quer um die Kurven bewegt, erntet statt auf der Front- auf den Seitenscheiben allerlei tote Insekten. Die heutigen Verkehrsgesetze und -dichte lassen diesen Fahrstil nicht mehr zu. Nebst der Tatsache, dass die Strassen seit Jahrzehnten gleich breit sind, die Fahrzeuge von einer Modellgeneration zur nächsten aber immer breiter werden, fehlt ohnehin der Platz für Quertreiberei.
Auch die Fahrzeugmasse nimmt aufgrund der Komfort- und Sicherheitsansprüche stetig zu. Hybrid-, Plug-in-Hybrid und auch BEV sind deutlich schwerer als Verbrennerfahrzeuge. Entsprechend erwarten die Kunden höhere Antriebsleistungen, um bei Beschleunigungsmanövern identische Fahrerlebnisse oder bessere Werte in der Elastizität generieren zu können. Beliebteste Fahrzeugkategorie sind aktuell SUV, die nebst hoher Masse auch über einen hohen Schwerpunkt verfügen. Auch an der Geneva International Motor Show (GIMS) feiern wieder diverse SUV Welt- und Europapremieren. Unter dem Strich: Alle Zutaten für den Faktor Fahrspass werden physikalisch vom Fahrzeugkonzept her eingebremst. Da muss die Elektronik zünftig unterstützen.
Bremseingriffe und Antriebsregelung halten Fahrzeuge auch am physikalischen Limit auf Kurs. Möglich macht’s die hohe Rechenleistung und Vernetzung der Systeme. (Bild: Audi)
Umso erstaunlicher, wie heute 2,3-Tonnen-SUV der Premiummarken um die Kurve gewuchtet werden. Während bei sportlicher Fahrweise leichtere Klein- und Mittelklassewagen untersteuernd, mit wimmernden Reifen sowie früh einsetzenden ESP-Bremseingriffen den Fahrspass in die Schranken weisen, sind die reich motorisierten und mit allen Hightech-Systemen ausgestatteten SUV flott unterwegs.
Je schwerer ein Fahrzeug, desto höher sind die Fliehkräfte (Seitenkräfte) bei Kurvenfahrt. Je höher der Schwerpunkt, desto mehr neigt sich dadurch die Karosserie zur Seite (Wanken). Die Voraussetzungen punkto Querdynamik sind denkbar ungünstig. Um bei der Längsdynamik (für adäquate Verzögerungs- und Beschleunigungswerte) sportlichen Ansprüchen zu genügen, müssen leistungsfähige Bremsanlagen verbaut und viel Antriebspower installiert sein. Das Nicken, die Bewegung um die y-Achse/Querachse, sind bei beiden Fahrmanövern wieder wegen dem hohen Schwerpunkt Tatsache. Dafür hilft die höhere Radlast, mehr Kraft auf die Fahrbahn zu bringen. Die übertragbaren Kräfte am Reifen sind höher, je mehr Radlast vorhanden und je höher der Reibwert µ zwischen Reifen und Fahrbahn ist.
Insbesondere bei BEV ist die Regelung der E-Maschinen für den Antrieb und die Aufteilung der Verzögerung auf Rekuperation durch die E-Motoren und die Radbremsen aufwendig. (Bild: Audi)
Modernste Fahrwerkzutaten lösen das Problem souverän: Von den aktiven Wankstabilisatoren (heute mit 48-Volt-E-Motoren, früher mit Hydraulikaktuatoren) über die rasch reagierende Luftfederung mit Mehrkammersystemen bis zu den adaptiven Schwingungsdämpfersystemen lässt sich die Karosserie wie von Zauberhand bei allen Fahrmanövern quasi horizontal halten. Auch die adaptiven, elektromechanischen Lenkhilfeunterstützungen oder sogar Überlagerungslenkungen an der Vorderachse und clevere Hinterachslenkungssysteme sorgen dafür, dass der Fahrer sich wie ein Rennwagenfahrer fühlt, da die Technik innerhalb der physikalischen Limiten das Manko an Fahrkönnen und physikalisch herausfordernden Zwängen souverän ausbügelt. Eine Brigade von Fahrdynamiksensoren, unglaubliche Rechenpower, ultraschnelle Datenübertragung und vor allem Höchstleistung in Entwicklung und Abstimmung machen sportliches Fahren auch mit schweren SUV heute zur Selbstverständlichkeit.
Sogar Ausweichmanöver verlieren zunehmend ihren Schrecken. Der Elchtest wird von heutigen Hightech-Fahrzeugen mit Bravour gemeistert. Und sollte die Karosserie wegen dem hohen Schwerpunkt zum Überschlag ansetzen, wirkt ein gezielter, heftiger Bremseingriff via ESP-Hydroaggregat am kurvenäusseren Vorderrad Wunder: Der Reifen wechselt von Haft- zu Gleitreibung, stützt die Karosserie nicht mehr ab und ein Überschlag ist Schnee von gestern.
ESP-Eingriffe sind passiv und wandeln kinetische Energie einzig in Wärme um. Das Active-Torque-Vectoring, also die Zuteilung der Antriebskraft radindividuell, sorgt für deutlich mehr Fahrspass und Sicherheit. (Bild Audi)
Stichwort «Schnee»: ein Feld, das grosse Herausforderungen für die Entwickler bringt. Von aktuellen Fahrwerksregelsystemen wird erwartet, dass bei allen Fahrmanövern höchste Sicherheit gewährt ist, das Fahrzeug jederzeit und bei allen Fahrbahnbedingungen beherrschbar und trotz hoher Masse und hohem Schwerpunkt «easy» im Handling ist. Bremsmanöver auf µ-Split-Bedingungen, Kurvenbremsen bei widrigen Reibwertverhältnissen und Ausweichmanöver mit ständig wechselnden Haftverhältnissen sind nach wie vor äusserst schwierig zu beherrschen. Der Wechsel von trockenem Asphalt auf nasse Fahrbahn bis zu schneebedeckter Strasse oder Eis ist delikat. Warum? Weil zwischen Reifen und Fahrbahn kein Sensor meldet, wie sich die Kräfte aktuell über die postkartengrosse Auflagefläche auf die Fahrbahn übertragen lassen.
Will ein Steuergerät ein modernes Fahrzeug innerhalb der physikalischen Limiten (Kammscher Kreis) sicher bewegen lassen, ist es auf die Sensorsignale von Lenkwinkel, Raddrehzahl-, Beschleunigungs- und Gierratensensoren angewiesen. Im Fahrdynamiksteuergerät berechnet das System das maximal erlaubte Antriebsdrehmoment (Antriebsschlupfregelung), den maximal umsetzbaren Schlupf beim Bremsen (ABS) und – die Champions League der Fahrdynamik – beim Wechsel von stabilen zu drohenden instabilen Fahrzuständen, dass das Fahrzeug mittels Bremseingriff an einzelnen Rädern auf der gewünschten Fahrspur gehalten wird (ESP).
Welche Fortschritte die Automobilhersteller und -zulieferer in der letztgenannten Disziplin erreicht haben, lässt sich nur erahnen, sprich erfahren. Immer bessere Entwicklungstools, Fahrsimulationen und fachübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Ingenieursabteilungen sind Garant für höhere Sicherheit. Physikalisch betrachtet, sind die Systeme immer besser in der Lage, die übertragbaren Kräfte an den vier Rädern vorauszuberechnen und die Längs- und Querkräfte entsprechend zu dosieren. Dank Vernetzung mit der digitalen Strassenkarte des Navigationssystems weiss das Fahrzeug im Voraus, wie eng die nächste Kurve ist, und bestimmt die maximale Kurvengeschwindigkeit. Bei modernsten ACC-Systemen reduziert die Software die Geschwindigkeit, um sicher um die Kurve zu fahren. Selbstverständlich rechnet das System immer eine Reserve ein: wechselnde Reibwerte durch Blätter im Herbst, Pfützen nach dem Regen oder Schnee und Eis können die Systeme noch nicht voraussehen. Dank Regensensor unter der Windschutzscheibe wird zwar der Regen auch systemtechnisch erkannt. Wie hoch der Regenwasserstand auf der Fahrbahn ist, dazu gibt es keine genauen Infos. Dank Mikrofonen in den vorderen Radkästen will Porsche im neuen 911er diese Information verbessern (siehe Box unten).
Droht ein Fahrzeug bei einem Fahrmanöver instabil zu werden, muss die Fahrdynamikregelung immer reagieren und kann nicht agieren. Wenn die Umfangsgeschwindigkeit der Räder nicht mehr der Fahrzeuggeschwindigkeit entspricht (Schlupf), dann wird eingegriffen. Viel eleganter wäre, vorausschauend zu wissen, wie sich der Reibwert entwickelt, wie viel Kraftreserve an den Reifen noch vorhanden ist, um das Optimum herauszuholen. Daran wird bei OEM und Zulieferer gearbeitet.
Um den Spieltrieb der zahlungskräftigen Kundschaft zu befriedigen, stehen den Automobilherstellern schon heute diverse Möglichkeiten offen: Der Sportwagen lässt sich auf der Rennstrecke trotz durchgetretenem Gaspedal mit einem definierten Schwimmwinkel (Driften) um die Kurven bewegen. Dank Zuteilung der Antriebskräfte mittels Überlagerungsachsgetriebe oder elektronisch gesteuerten Lamellenkupplungen können die Antriebskräfte an einer Achse situativ angepasst werden. Am kurvenäusseren Antriebsrad wird mehr Kraft auf die Strasse gebracht, das Auto fährt wie auf Schienen.
Für hochmotorisierte BEV oder Sportwagen mit Hybridantrieb ist das die Spielwiese, um noch höhere Kurvengeschwindigkeiten zu realisieren. Und wo bleibt der Fahrspass? Für Walter Röhrl und andere sportlich ambitionierte Fahrer ist klar: Nur ein geeichtes «Popometer» und trainierte Reflexe sorgen auch ohne Fahrdynamiksysteme für Fahrspass und auf der Rennstrecke für schnelle Rundenzeiten. Die Elektronik unterstützt heute und in Zukunft aber maximal. Damit dürfen sich sportlich orientierte Fahrer auch auf die schweren BEV und Sporthybride freuen. Auch Walter Röhrl, ein Kritiker erster Stunde betreffend BEV, zeigte sich bei Abstimmungsfahrten des Porsche Taycan begeistert. Eine so hohe Masse derart dynamisch bewegen zu können, hätte der Experte dem Taycan nicht zugetraut. Die Elektronik macht‘s möglich.
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Fahrwerksregelsysteme erfordern viel Entwicklungs- und Feinarbeit. Im Bild der Prototyp des Pagani Huayra BC bei µ-Split-Bedingungen (unterschiedliche Reibwerte links und rechts), die höchste Ansprüche an die Fahrwerksregelsysteme beim Bremsen und Beschleunigen stellen. (Bild: Bosch)
se. «Die guten Fahrer haben Fliegenreste auf den Seitenscheiben», witzelte einst Walter Röhrl, Rallyelegende und passionierter Sportwagenfahrer. Kurz: Wer sich quer um die Kurven bewegt, erntet statt auf der Front- auf den Seitenscheiben allerlei tote Insekten. Die heutigen Verkehrsgesetze und -dichte lassen diesen Fahrstil nicht mehr zu. Nebst der Tatsache, dass die Strassen seit Jahrzehnten gleich breit sind, die Fahrzeuge von einer Modellgeneration zur nächsten aber immer breiter werden, fehlt ohnehin der Platz für Quertreiberei.
Auch die Fahrzeugmasse nimmt aufgrund der Komfort- und Sicherheitsansprüche stetig zu. Hybrid-, Plug-in-Hybrid und auch BEV sind deutlich schwerer als Verbrennerfahrzeuge. Entsprechend erwarten die Kunden höhere Antriebsleistungen, um bei Beschleunigungsmanövern identische Fahrerlebnisse oder bessere Werte in der Elastizität generieren zu können. Beliebteste Fahrzeugkategorie sind aktuell SUV, die nebst hoher Masse auch über einen hohen Schwerpunkt verfügen. Auch an der Geneva International Motor Show (GIMS) feiern wieder diverse SUV Welt- und Europapremieren. Unter dem Strich: Alle Zutaten für den Faktor Fahrspass werden physikalisch vom Fahrzeugkonzept her eingebremst. Da muss die Elektronik zünftig unterstützen.
Bremseingriffe und Antriebsregelung halten Fahrzeuge auch am physikalischen Limit auf Kurs. Möglich macht’s die hohe Rechenleistung und Vernetzung der Systeme. (Bild: Audi)
Umso erstaunlicher, wie heute 2,3-Tonnen-SUV der Premiummarken um die Kurve gewuchtet werden. Während bei sportlicher Fahrweise leichtere Klein- und Mittelklassewagen untersteuernd, mit wimmernden Reifen sowie früh einsetzenden ESP-Bremseingriffen den Fahrspass in die Schranken weisen, sind die reich motorisierten und mit allen Hightech-Systemen ausgestatteten SUV flott unterwegs.
Je schwerer ein Fahrzeug, desto höher sind die Fliehkräfte (Seitenkräfte) bei Kurvenfahrt. Je höher der Schwerpunkt, desto mehr neigt sich dadurch die Karosserie zur Seite (Wanken). Die Voraussetzungen punkto Querdynamik sind denkbar ungünstig. Um bei der Längsdynamik (für adäquate Verzögerungs- und Beschleunigungswerte) sportlichen Ansprüchen zu genügen, müssen leistungsfähige Bremsanlagen verbaut und viel Antriebspower installiert sein. Das Nicken, die Bewegung um die y-Achse/Querachse, sind bei beiden Fahrmanövern wieder wegen dem hohen Schwerpunkt Tatsache. Dafür hilft die höhere Radlast, mehr Kraft auf die Fahrbahn zu bringen. Die übertragbaren Kräfte am Reifen sind höher, je mehr Radlast vorhanden und je höher der Reibwert µ zwischen Reifen und Fahrbahn ist.
Insbesondere bei BEV ist die Regelung der E-Maschinen für den Antrieb und die Aufteilung der Verzögerung auf Rekuperation durch die E-Motoren und die Radbremsen aufwendig. (Bild: Audi)
Modernste Fahrwerkzutaten lösen das Problem souverän: Von den aktiven Wankstabilisatoren (heute mit 48-Volt-E-Motoren, früher mit Hydraulikaktuatoren) über die rasch reagierende Luftfederung mit Mehrkammersystemen bis zu den adaptiven Schwingungsdämpfersystemen lässt sich die Karosserie wie von Zauberhand bei allen Fahrmanövern quasi horizontal halten. Auch die adaptiven, elektromechanischen Lenkhilfeunterstützungen oder sogar Überlagerungslenkungen an der Vorderachse und clevere Hinterachslenkungssysteme sorgen dafür, dass der Fahrer sich wie ein Rennwagenfahrer fühlt, da die Technik innerhalb der physikalischen Limiten das Manko an Fahrkönnen und physikalisch herausfordernden Zwängen souverän ausbügelt. Eine Brigade von Fahrdynamiksensoren, unglaubliche Rechenpower, ultraschnelle Datenübertragung und vor allem Höchstleistung in Entwicklung und Abstimmung machen sportliches Fahren auch mit schweren SUV heute zur Selbstverständlichkeit.
Sogar Ausweichmanöver verlieren zunehmend ihren Schrecken. Der Elchtest wird von heutigen Hightech-Fahrzeugen mit Bravour gemeistert. Und sollte die Karosserie wegen dem hohen Schwerpunkt zum Überschlag ansetzen, wirkt ein gezielter, heftiger Bremseingriff via ESP-Hydroaggregat am kurvenäusseren Vorderrad Wunder: Der Reifen wechselt von Haft- zu Gleitreibung, stützt die Karosserie nicht mehr ab und ein Überschlag ist Schnee von gestern.
ESP-Eingriffe sind passiv und wandeln kinetische Energie einzig in Wärme um. Das Active-Torque-Vectoring, also die Zuteilung der Antriebskraft radindividuell, sorgt für deutlich mehr Fahrspass und Sicherheit. (Bild Audi)
Stichwort «Schnee»: ein Feld, das grosse Herausforderungen für die Entwickler bringt. Von aktuellen Fahrwerksregelsystemen wird erwartet, dass bei allen Fahrmanövern höchste Sicherheit gewährt ist, das Fahrzeug jederzeit und bei allen Fahrbahnbedingungen beherrschbar und trotz hoher Masse und hohem Schwerpunkt «easy» im Handling ist. Bremsmanöver auf µ-Split-Bedingungen, Kurvenbremsen bei widrigen Reibwertverhältnissen und Ausweichmanöver mit ständig wechselnden Haftverhältnissen sind nach wie vor äusserst schwierig zu beherrschen. Der Wechsel von trockenem Asphalt auf nasse Fahrbahn bis zu schneebedeckter Strasse oder Eis ist delikat. Warum? Weil zwischen Reifen und Fahrbahn kein Sensor meldet, wie sich die Kräfte aktuell über die postkartengrosse Auflagefläche auf die Fahrbahn übertragen lassen.
Will ein Steuergerät ein modernes Fahrzeug innerhalb der physikalischen Limiten (Kammscher Kreis) sicher bewegen lassen, ist es auf die Sensorsignale von Lenkwinkel, Raddrehzahl-, Beschleunigungs- und Gierratensensoren angewiesen. Im Fahrdynamiksteuergerät berechnet das System das maximal erlaubte Antriebsdrehmoment (Antriebsschlupfregelung), den maximal umsetzbaren Schlupf beim Bremsen (ABS) und – die Champions League der Fahrdynamik – beim Wechsel von stabilen zu drohenden instabilen Fahrzuständen, dass das Fahrzeug mittels Bremseingriff an einzelnen Rädern auf der gewünschten Fahrspur gehalten wird (ESP).
Welche Fortschritte die Automobilhersteller und -zulieferer in der letztgenannten Disziplin erreicht haben, lässt sich nur erahnen, sprich erfahren. Immer bessere Entwicklungstools, Fahrsimulationen und fachübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Ingenieursabteilungen sind Garant für höhere Sicherheit. Physikalisch betrachtet, sind die Systeme immer besser in der Lage, die übertragbaren Kräfte an den vier Rädern vorauszuberechnen und die Längs- und Querkräfte entsprechend zu dosieren. Dank Vernetzung mit der digitalen Strassenkarte des Navigationssystems weiss das Fahrzeug im Voraus, wie eng die nächste Kurve ist, und bestimmt die maximale Kurvengeschwindigkeit. Bei modernsten ACC-Systemen reduziert die Software die Geschwindigkeit, um sicher um die Kurve zu fahren. Selbstverständlich rechnet das System immer eine Reserve ein: wechselnde Reibwerte durch Blätter im Herbst, Pfützen nach dem Regen oder Schnee und Eis können die Systeme noch nicht voraussehen. Dank Regensensor unter der Windschutzscheibe wird zwar der Regen auch systemtechnisch erkannt. Wie hoch der Regenwasserstand auf der Fahrbahn ist, dazu gibt es keine genauen Infos. Dank Mikrofonen in den vorderen Radkästen will Porsche im neuen 911er diese Information verbessern (siehe Box unten).
Droht ein Fahrzeug bei einem Fahrmanöver instabil zu werden, muss die Fahrdynamikregelung immer reagieren und kann nicht agieren. Wenn die Umfangsgeschwindigkeit der Räder nicht mehr der Fahrzeuggeschwindigkeit entspricht (Schlupf), dann wird eingegriffen. Viel eleganter wäre, vorausschauend zu wissen, wie sich der Reibwert entwickelt, wie viel Kraftreserve an den Reifen noch vorhanden ist, um das Optimum herauszuholen. Daran wird bei OEM und Zulieferer gearbeitet.
Um den Spieltrieb der zahlungskräftigen Kundschaft zu befriedigen, stehen den Automobilherstellern schon heute diverse Möglichkeiten offen: Der Sportwagen lässt sich auf der Rennstrecke trotz durchgetretenem Gaspedal mit einem definierten Schwimmwinkel (Driften) um die Kurven bewegen. Dank Zuteilung der Antriebskräfte mittels Überlagerungsachsgetriebe oder elektronisch gesteuerten Lamellenkupplungen können die Antriebskräfte an einer Achse situativ angepasst werden. Am kurvenäusseren Antriebsrad wird mehr Kraft auf die Strasse gebracht, das Auto fährt wie auf Schienen.
Für hochmotorisierte BEV oder Sportwagen mit Hybridantrieb ist das die Spielwiese, um noch höhere Kurvengeschwindigkeiten zu realisieren. Und wo bleibt der Fahrspass? Für Walter Röhrl und andere sportlich ambitionierte Fahrer ist klar: Nur ein geeichtes «Popometer» und trainierte Reflexe sorgen auch ohne Fahrdynamiksysteme für Fahrspass und auf der Rennstrecke für schnelle Rundenzeiten. Die Elektronik unterstützt heute und in Zukunft aber maximal. Damit dürfen sich sportlich orientierte Fahrer auch auf die schweren BEV und Sporthybride freuen. Auch Walter Röhrl, ein Kritiker erster Stunde betreffend BEV, zeigte sich bei Abstimmungsfahrten des Porsche Taycan begeistert. Eine so hohe Masse derart dynamisch bewegen zu können, hätte der Experte dem Taycan nicht zugetraut. Die Elektronik macht‘s möglich.
Wenn das Auto den Regen hört – Wet Mode im aktuellen Porsche 911
se. Zwei Piezokristallmikrofone in den Radkästen vorne sind das äusserliche Herzstück des neuen Fahrwerksystems von Porsche. Bevor der 992 durch den rapide sinkenden Reibwertabfall bei Nässe instabil wird, erkennt das Fahrdynamiksteuergerät durch die Gischt im Radkasten das Wasser auf der Fahrbahn. Je mehr Wasser auf der Fahrbahn liegt, desto höher, lauter wird’s im Radkasten und auch die Geräuschfrequenzen ändern sich. Das Steuergerät konditioniert das Stabilitätssystem ESP (bei Porsche PTM) und das Antriebsschlupfregelsystem ASR (PTM). In einer zweiten Stufe warnt es den Fahrer, dass die Haftgrenze tiefer ist, und empfiehlt dem Fahrer das Einschalten des «Wet-Modes» per Tastendruck. Wird dieser aktiviert, werden ESP, ASR aber auch die Aerodynamik mit Anstellen des Heckspoilers für mehr Anpressdruck auf die Hinterachse und die Zuteilung der Antriebskraft insbesondere bei Allrad-911ern angepasst. Durch das aktive Regeln der Antriebsleistung bleibt das Fahrzeug im stabilen Fahrzustand und ein Umwandeln der kinetischen Energie (Bewegung) in Wärmeenergie an den Radbremsen durch Bremseingriffe wird verhindert. Höhere Kurvengeschwindigkeiten können so auch bei Nässe oder Schneematsch realisiert werden.
se. Zwei Piezokristallmikrofone in den Radkästen vorne sind das äusserliche Herzstück des neuen Fahrwerksystems von Porsche. Bevor der 992 durch den rapide sinkenden Reibwertabfall bei Nässe instabil wird, erkennt das Fahrdynamiksteuergerät durch die Gischt im Radkasten das Wasser auf der Fahrbahn. Je mehr Wasser auf der Fahrbahn liegt, desto höher, lauter wird’s im Radkasten und auch die Geräuschfrequenzen ändern sich. Das Steuergerät konditioniert das Stabilitätssystem ESP (bei Porsche PTM) und das Antriebsschlupfregelsystem ASR (PTM). In einer zweiten Stufe warnt es den Fahrer, dass die Haftgrenze tiefer ist, und empfiehlt dem Fahrer das Einschalten des «Wet-Modes» per Tastendruck. Wird dieser aktiviert, werden ESP, ASR aber auch die Aerodynamik mit Anstellen des Heckspoilers für mehr Anpressdruck auf die Hinterachse und die Zuteilung der Antriebskraft insbesondere bei Allrad-911ern angepasst. Durch das aktive Regeln der Antriebsleistung bleibt das Fahrzeug im stabilen Fahrzustand und ein Umwandeln der kinetischen Energie (Bewegung) in Wärmeenergie an den Radbremsen durch Bremseingriffe wird verhindert. Höhere Kurvengeschwindigkeiten können so auch bei Nässe oder Schneematsch realisiert werden.
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